Wir verließen Stadt Richtung Westen auf der Cotter Road, die nach einigen Kilometern zur Paddys River Road wurde und in südlicher Richtung entlang des Namadgi National Parks verlief. Endlich wurde die Gegend wieder einsamer, auf der Straße begegnete man innerhalb einer Stunde nur eine handvoll Autos. Die Sonne strahlte, das Asphaltband wand sich nach links und rechts, hoch und runter durch die Berge, Fahrspaß vom Feinsten und jedem zu empfehlen, der sich in diesen Teil Australiens verirrt. Wir besuchten den Canberra Deep Space Communication Complex, wo man allerhand über frühere und aktuelle Raumfahrtmission erfahren konnte. Weiter ging es über Tharwa und schließlich folgten wir einer kleinen, unbefestigten Straße Richtung Osten, um bei Williamsdale auf den Monaro Highway zu treffen. Es mag zwar komisch klingen, doch dieser kleine Offroadtrip war der unbestrittene Höhepunkt des Tages. Bei Angel Crossing versperrte uns plötzlich ein kleiner Fluss den Weg. Während meine Schwester vorschlug umzukehren, sagte ich nur lässig: „Kurbel die Fensterscheibe hoch, es könnte nass werden.“. Das 10-20cm tiefe Wasser war kein Hindernis für unseren Mitsubischi und definitiv eines der coolsten Autoerlebnisse die ich in Australien hatte. Die restliche Landschaft hatte sich seit Canberra in eine trockene Steppe verwandelt, die in Zusammenarbeit mit der hügeligen Region immer wieder wunderschöne Ausblicke bot. Oft waren wir gezwungen anzuhalten und Fotos von der gelbbraunen Umgebung zu machen. Da wo es Wasser gab mischte sich auch etwas Grün mit in den Farbtopf. Bei Cooma bogen wir wieder Richtung Westen ab, um schließlich bei Jindabyne am gleichnamigen See zu übernachten. Der See lag inmitten der Berge des südlichen Kosciuszko National Parks. Als die Sonne abends unterging tauchte sie die Wolken am Himmel in ein zartes Lila und Rot, diese Farben spiegelten sich auf der Wasseroberfläche wieder und machten damit diesen Platz zu einem besonderen Erlebnis. Da wir am nächsten Tag den Gipfel des höchsten Berges von Australien stürmen wollten, brachen wir am Morgen wohl etwas zu übereil auf, denn wie wir am Abend feststellen sollten, fehlte plötzlich unser Campingkocher. Doch dazu später etwas mehr. Mit den Auto konnten wir bis zum Charlotte Pass fahren und von dort aus mussten wir zu Fuß den Rest des Weges bis zum Gipfel des Mt. Kosciuszko zurücklegen. Zunächst wurden aber von uns noch 16$ Nationalparkgebühren verlangt. Anschließend war der Weg allerdings frei und wir konnten endlich den insgesamt 20km langen Fußmarsch angehen. Der Weg war gut ausgebaut und das Wetter fantastisch. Wir kamen schnell voran. Der Schnee des vergangenen Winters war so gut wie überall weggeschmolzen und behinderte nur an ein oder zwei Stellen das Vorankommen. Je höher wir kamen, desto eisiger wurde auch der Wind der uns um die Nase wehte. Auf dem Gipfel angekommen warteten schon über ein Dutzend Leute, die vor uns den Gipfel erklommen hatten. Wir suchten uns noch ein freies Plätzchen und genossen die herrliche Aussicht auf die umliegenden Berge. Zurück wanderten wir nicht denselben Weg, sondern entschieden uns für den etwas längeren Main Range Track. Dieser war bei weitem nicht so gut ausgebaut wie unser Hinweg, doch dafür war die Landschaft um einiges Sehenswerter. Leider machten sich bei mir schnell Ermüdungserscheinungen breit. Seit ich Deutschland verlassen hatte, hatte ich keinen Sport mehr gemacht, und das rechte sich jetzt. Außerdem drückten meine Schuhe beim Abstieg wie wahnsinnig. Den Rest gab mir dann der letzte Anstieg zurück zum Parkplatz. Keuchend und schnaufend erreichte ich mit letzter Kraft wieder unseren Wagen. Meiner Schwester schien es nicht sonderlich viel auszumachen. Eigentlich wollten wir ja noch ein gutes Stück fahren, doch wir hatten uns mit unserer Wanderung um gute 2Stunden verkalkuliert und mir stand nicht der Sinn mich noch ewig hinters Steuer zu klemmen. So entschieden wir uns wieder zurück an den See nach Jindabyne zu fahren. Als wir da unser Abendessen zubereiten wollten, stellten wir fest dass besagter Campingkocher verschwunden war. Trotz vielen Kopfkratzens, wilden Spekulationen und ausgiebiger Suche war von ihm keine Spur zu finden. Notgedrungen machten wir uns ein kaltes Abendbrot aus belegten Broten. Wenig später tauchte ein Angler mit seinem Bot auf, der auch schon in der Nähe war, als wir noch gefrühstückt hatten. Er sprang von seinem kleinen Boot und steuerte direkt auf uns zu. In seiner Hand hielt einen grünen Campingkocher. Er meinte wir hätten ihn verloren als wir am Morgen losgefahren sind. Er hat ihn in der Zwischenzeit behalten und gehofft, dass wir wieder zurückkommen würden. Ihr könnt euch nicht vorstellen wie happy wir waren, als wir unseren Coleman wieder in Empfang nehmen konnten. Nach ausgiebigem Frühstück und einer Tasse Tee, gemacht mit unserem Campingkocher fuhren auf dem Alpine Highway über Thredbo, Khancoban und Kiandra eine Runde quer durch den National Park bis zurück nach Cooma. Unterwegs führte uns diese Straße immer wieder wie in den Alpen über Berg und Tal. Unzählige Serpentinen und Kurven ließen die Bremsen unseres Campers im wahrsten Sinne des Wortes dampfen. Wir passierten den höchsten Ort Australiens und einen gespenstischen Wald, dessen Bäume durch einen riesigen Waldbrand alle Blätter verloren hatten, doch deren Rinde weißgrau war. Bei Khancoban hörten die Berge kurzfristig auf und Landschaft ähnelte der italienischen Seite der Alpen mit grünen Ebenen und einer lauwarmen Brise. Erstaunlicherweise, mussten wir für die Fahrt durch den Nationalpark diesmal nichts bezahlen, da wir nirgends anhalten wollten um zu wandern. Zusammengefasst ist der Kosciuszko National Park unbedingt eine Reise wert. Es viel zu sehen und wer gern wandert ist hier genau richtig. Die Luft ist sauber und die Temperaturen sehr angenehm und im Gegensatz zur Küste ist hier nur sehr wenig los.