Der Tag auf einer Perlenfarm war lang und begann daher bereits um 4 Uhr morgens. Einen Wecker brauchte man nicht, den Job übernahm eine Sirene die über die ganze Farm schallte.
Man rieb sich den Schlaf aus den Augen und schleppte seine müden Knochen, die aller Wahrscheinlichkeit nach noch vom Vortag wehtaten zu den Toiletten. Man wusch sich, zog sich seine Arbeitskleidung an und auf ging es zum Speisesaal.
Gleich am Eingang hing eine große Tafel, auf der die heutigen Crews und Aufgaben aufgelistet waren. Dann ging es weiter zum Buffet. Das lies keine Wünsche offen und versorgte einen täglich mit Eiern, Speck, Wüstchen, Toast, Cornflakes, Pfannkuchen, Früchten und Säften aller Art.
Danach schnappten sich alle ihr Ausrüstung, die in der Regel aus Handschuhen, Schutzbrille, Schürze und einem zweiten Frühstück bestand und liefen zum Steg. Zwei Boote brachten die Crews zu ihren Einsatzorten. Wie schon beschrieben befanden diese sich meist eine gute Stunde entfernt und viele nutzten die Zeit um noch etwas zu schlafen. Gegen 6 Uhr waren dann alle verteilt und begannen mit der Arbeit.
Die ersten zwei Tage waren wir damit beschäftigt die Netze zu säubern. Am dritten Tag durften wir dann mit auf die Arbeitsboote, die immer wieder am Schiff anlegten um volle Netze abzuliefern. Endlich kam für uns etwas Abwechslung ins Spiel, denn das ständige hämmern und waschen ging uns ganz schön auf den Geist.
Die Netze sind an einem Seil befestigt, das wiederum an einem größeren Tau befestigt ist und mit Hilfe von Bojen in ca. 50 Meter langen Reihen auf der Wasseroberfläche treibt.
Meine neue Aufgabe für einen Tag bestand darin, die kleineren Seile von dem großen Tau abzuschneiden, denn die Netze wurden bereits ein paar Tage vorher aus dem Wasser geholt. Klingt monoton, ist es aber nicht wirklich - denn es gab viel zu lernen und ich hatte große Schwierigkeiten die neuen Begriffe und Anweisungen zu verstehen und auszuführen.
Dazu kam ein starker Seegang und ein Vorarbeiter der so extrem nuschelte, dass ich selten mehr als ein Wort verstand. Zum Glück gab es noch ein drittes Crewmitglied, das mir alles wiederholte sobald er den Eindruck hatte, dass ich mal wieder keine Ahnung von dem hatte was ich tun sollte.
Auf der gesamten Perlenfarm arbeiteten so ca. 30 Leute und davon habe ich nur 4 Frauen gezählt. Dementsprechend wurde sehr viel geflucht, geraucht, gefurzt und gerülpst. Es wurde sich an allen möglichen Körperstellen gekratzt und es wurden Witze über jede Art von Frauen, Minderheiten oder Abnormitäten gerissen. Quasi ein Ort wo eine Mann noch ein Mann sein kann.
Da wir gerade bei dem Thema sind. Ich habe mich immer gefragt, was die Leute machen wenn sie auf ihren kleinen Booten arbeiten und plötzlich die Natur ruft, denn ich habe in den ersten Tagen nie jemanden gesehen der die Toiletten auf dem großen Schiff benutzte.
Als ich dann am dritten Tag ebenfalls auf einem Boot arbeitete wusste ich es. Jedes Geschäft, egal ob groß oder klein, wird vor Ort an Bord erledigt. Man hängt seinen Hintern einfach an einer „abgeschiedenen“ Stelle des Bootes über die Bordwand und relaxt. Sobald man also während seiner Arbeit etwas an sich vorbeischwimmen sah, konnte man sicher gehen, dass gerade jemand ein Geschäft beendet hatte. Ich bin mir sicher, dass irgendwann etwas davon irgendwo auf der Welt an einem Touristenstrand angespült wird. Eine Wurst auf Weltreise.
Aber zurück zu unserem Job. Gegen 13 Uhr wird das Mittagessen in Kühlboxen von Versorgungsbooten verteilt. Man legte die Arbeit nieder und genoss die ausgezeichneten Mahlzeiten. Es gab ein Hauptgericht, dazu Salat und Früchte sowie ein Stück Kuchen. Besteck und Gewürze befanden sich ebenfalls in der Kühlbox.
Man suchte sich ein gemütliches Plätzchen, schaute in die wunderschöne Landschaft und schaufelte das Essen in sich hinein.
Was einem nicht schmeckt bzw. die Reste wurden über Board geworfen. Als ich das zum ersten Mal sah, wollte ich die Leute fast davon abhalten, denn als Backpacker konnte man von solchen Leckereien nur träumen und nach über 4 Monaten des extremen Knauserns weinte man jedem Sandwich hinterher das über Board ging.
Nach dem Essen wurde weitergearbeitet bis ca. 16 Uhr. Dann wurden die Arbeitsplätze gesäubert, die Crews wurden wieder von ihren Booten eingesammelt und gegen 17 Uhr war man wieder an Land.
Die Ausrüstung (Kühlboxen, Wasserflaschen, usw.) wurden entladen und die FNGs (Fucking new guys), also wir, durften die Sachen schleppen und säubern. Am Ende des Arbeitstages freute man sich auf die verdiente Dusche, denn endlich konnte man seine stetig nassen und dreckigen Klamotten loswerden und sich ordentlich säubern. Es gab übrigens einen Waschdienst, der für uns gratis alles innerhalb eines Tages säuberte.
Nach dem Duschen war es auch schon Zeit für das Abendessen. Wieder gab es in der Küche ein Buffet und wieder war alles unglaublich lecker und jeder konnte so viel essen wie er wollte. Meine Bedenken fett zu werden waren durchaus berechtigt, man hörte von vielen, dass sie innerhalb von wenigen Monaten bis zu 10 kg zugenommen hatten. Aber es war einfach zu gut um nicht ordentlich zuzuschlagen.
Den Rest des Tages verbrachte man entweder an der Bar bei einem Bier, Fernsehen und viel Gequatsche oder man zog sich in sein Zimmer zurück. Gegen 20 Uhr war auch ich meistens im Bett, denn das frühe Aufstehen und die Arbeit saugt einem jedes bisschen Energie aus dem Körper.
Trotz alle dem, das Leben auf der Perlenfarm ist unglaublich schön und mit Abstand der beste Job den wir jemals hatten.
Die Leute sind freundlich und für jeden Spaß zu haben. Jeder weiß genau was er zu tun hat und es gibt kein Murren oder Meckern. Jeder ist aufgeschlossen und hilfsbereit. Das Essen ist köstlich und es gibt so viel wie man mag. Niemand macht Stress bei der Arbeit und während der Pausen wird man sich immer wieder bewusst, dass man in einem tropischen Paradies arbeitet.
Und natürlich sind auch die $180 pro Tag ein großer Anreiz, denn man hat keine Möglichkeit irgendetwas davon auszugeben - außer für Bier.