10 Minuten vor 5 Uhr trafen wir am Flughafen ein, keiner war zu sehen. Eine Tür die mit einem Zahlenschloss gesichert war stand offen. Wir gingen hinein und trafen auf einem Flughafenmitarbeiter, der uns bat in einer der Wohncontainer platz zu nehmen und auf die anderen zu warten.
Mit der Zeit trafen der Pilot, Copilot und ein paar andere Mitreisende ein. Wir und unser Gepäck wurden gewogen (ich habe seit Deutschland nicht zugenommen, hurra!) und halfen das Flugzeug mit allerhand Vorräten und unserem Gepäck zu beladen.
Das wunderschöne, weiße Wasserflugzeug sollte angeblich noch aus den 50ern stammen und es sollte angeblich nur noch 30 Stück auf der Welt davon geben, 4 davon gehörten Paspaley. Zugegeben, ich war etwas nervös aber ich freute mich auch endlich wieder Arbeiten zu können um meinen Kontostand aufzufüllen.
Wir bekamen einen Gehörschutz verpasst und um halb sieben Uhr morgens startete der Pilot die Maschinen. Wir rollten auf die Startbahn, die Sonne hatte mittlerweile alles in das erste Licht des Tages getaucht. Aus meinem Fenster konnte ich die linke Tragfläche mit dem Schwimmponton in der Sonne funkeln sehen. Die Motoren auf volle Power und ab ging es. Schnell hoben wir ab und gewannen an Höhe.
Ich weiß, ich benutzte oft Superlative aber was ich dann sah war definitiv das Unglaublichste und Schönste was ich bisher in meinem Leben gesehen hatte. Die Welt unter uns wurde kleiner, und zum ersten Mal sahen wir das Umland von Broome von oben.
Da war zunächst der endlos erscheinende Cable Beach mit seinem weißen Sand, den Dünen und Palmen. Dahinter erstreckte sich ein grüner Teppich aus tropischer Vegetation aller Art. Nach ein paar Minuten über Land schwenkte das Flugzeug auf eine Route genau entlang der Küstenlinie.
Wir erreichten die Kimberleys und diese machten ihrem Ruf als „Juwel“ Australiens alle Ehre. Unzählige Buchten und Strände zogen unter uns vorbei. Vor der Küste wimmelte es vor kleinen und großen Inseln, alle bedeckt mit Wäldern und Felsen. Das Wasser reichte von Dunkelblau über Grün bis nahezu Weiß. Immer wieder gab es Sandbänke und Riffe die zusätzliche Farbe ins Spiel brachten.
Eigentlich war ich ziemlich müde, aber mein Gesicht klebte förmlich an dem kleinen, eiförmigen Fenster um ja nichts von diesem Schauspiel zu verpassen.
Als das Flugzeug langsam an Höhe verlor konnte das nur eines bedeuten - wir näherten uns Kuri Bay. Das Flugzeug flog eine große Schleife, reduzierte die Geschwindigkeit und setzte sanft auf dem Wasser auf.
Über eine Stunde war vergangen, doch mir kam es nur wie ein Augenblick vor.
Wir wurden bereits von einem Boot erwartet. Wir luden den Proviant, das Gepäck und schließlich uns selbst hinein. Dann setzten wir zu einem etwas größeren Boot über auf dem ca. 10 Leute waren, die bereits darauf warteten ausgeflogen zu werden. Nach dem Austausch der Besatzung schipperte uns das Boot in eine Bucht.
Vorbei an angetauten Booten und einem Benzintank hielten wir direkt auf einen Steg zu. Von dem Steg aus führt ein betonierter Weg einen Hang hinauf. Zwischen den Bäumen konnte man einige weiße Häuser erkennen. Kuri Bay war so eine Art Arbeitersiedlung mit allem was so brauchte.
Links war zunächst eine Werkstatt, dann folgte etwas weiter oben die Küche mit Speisesaal und Terrasse. Rechts davon ein Aufenthaltsraum mit Billardtischen, einer Tischtennisplatte und einem Tischfußball. Es gab eine Bar, wo das Bier für $1,30 pro Dose sehr günstig verkauft wurde. Vier Dosen pro Abend waren erlaubt.
Dann gab es noch einen Pool, einen Fitnessraum und einen Fernsehraum mit DVD-Player, Unmengen an Filmen und zwei Computern. Dahinter folgten dann die Schlafunterkünfte. Jeder hatte sein eigenes, ca. 3x3 Meter großes Zimmer mit einem Bett und einem kleinen Schrank.
Nach einer kurzen Einweisung durch den Farmmanager zogen wir uns auch schon unsere Arbeitskleidung an und per Boot ging es dann zu unserem Arbeitsplatz.
Die Fahrt dauerte fast eine Stunde bis wir ein großes Schiff erreichten, das inmitten vieler kleiner Inseln ankerte. Auf dem Schiff herrschte geschäftiges Treiben. Die Leute waren damit beschäftig die Austern zu reinigen und das Fleisch herauszutrennen.
Am Heck des Schiffes waren zwei schwimmende Plattformen festgemacht. Darauf befanden sich jede menge Netze aus Plastik mit einem Metallrahmen und einer Art Taschen, in denen die Austern wachsen konnten. Die Austern waren aber bereits herausgenommen und unsere Aufgabe war es jetzt, diese Netze zu säubern. Wie wir hinterher erfahren hatten, war das schlimmste Job von allen.
Um die Netze zu säubern gab es zunächst eine Maschine, die wie ein Hochdruckreiniger den gröbsten Dreck herunterspülte. Muscheln die sich zu fest an den Netzen verankert hatten wurden mit einem Hammer zertrümmert. Auf der Plattform stank es fürchterlich nach vergammeltem Fisch und die Reinigungsmaschine hinterließ einen gräulichen Schaum aus Seegras.
Da standen wir also, mitten in einem tropischen Paradies, auf einem zum Himmel stinkenden Floß und hämmerten und reinigten was das Zeug hielt.