Um Darwin zu verlassen blieb uns nichts anderes übrig als wieder den Stuart Highway zu nehmen, auf welchem wir auch hergekommen waren. Wir hätten gern eine andere Straße genommen um noch mehr von der Landschaft zu sehen, doch wir hatten es eilig und andere Highways gab es nicht.
Unser Weg führte uns zunächst 300 km zurück bis nach Katherine. Von dort zweigte der Victoria Highway direkt Richtung Westen ab. Erst verpassten wir allerdings noch die Ausfahrt, denn sie war durch einen braunen Wegweiser ausgeschildert. Diese werden in Australien normalerweise nur benutzt um auf Sehenswürdigkeiten hinzuweisen.
Zunächst recht unspektakulär - wie die meisten Highways. Er führte uns aus Katherine heraus und mehrere hundert Kilometer ins Landesinnere. Doch dann kam der Gregory National Park. Wieder einmal versperrte uns eine Bergkette den Weg.
Okay, das Wort „Berge“ ist etwas übertrieben, denn mit wenigen hundert Metern Höhe kann man die Erhebungen höchstens als Hügel bezeichnen. Doch genau wie richtige Berge ragen sie plötzlich vor einem in den Himmel und bilden Täler und Schluchten. Meist sind die ersten zwei Drittel der „Berge“ an ihren Hängen noch mit gelb-grünen Gras und Bäumen bewachsen. Das letzte Drittel steigt senkrecht in die Höhe und enthüllt den orange-roten Felsen, der besonders intensiv in der Abend- und Morgensonne leuchtet.
Kurz vor Kununurra passierten wir die Grenze zu Western Australia, dem größten Staat in Australien. Western Australia, oder einfach nur WA, bedeckt ein Drittel des gesamten Kontinents - hat aber nur knapp 2 Millionen Einwohner.
Bevor man in Australien in einen anderen Staat einreist, wird man durch Hinweisschilder darauf aufmerksam gemacht, dass man keine Früchte mit einführen darf und wenn man es doch tut, man hohe Geldstrafen zu erwarten hat. Bisher setzte man immer auf den guten Willen der Autofahrer und stellte daher nur einfache Mülltonnen am Straßenrand auf um die Früchte zu entsorgen. Wir hatten das schon oft erlebt und bisher gab es keinerlei Kontrollen.
Diesmal war es aber anders. Der Highway führte durch eine Art Kontrollstation, wo jedes Fahrzeug anhalten musste. Die Nummernschilder wurden notiert und ein Beamter kontrollierte den Innenraum des Fahrzeugs. Wir mussten zwei Tüten mit Äpfeln, zwei Orangen, einen Salatkopf und eine Paprika aushändigen.
Tief im Kofferraum hatten wir noch eine Ananas in einem Kochtopf gelagert, die glücklicherweise nicht entdeckt wurde. Direkt vor unseren Augen wurde das Grünzeug in einer Mülltonne entsorgt. Eine lächerliche Aktion - in vielen anderen Teilen der Welt hungern die Menschen und hier werden die Nahrungsmittel einfach weggeworfen.
Zwar hat man uns unsere gesunden Früchte genommen, aber wenigstens hat man uns dafür 1,5 Stunden Zeit geschenkt. An der Grenze zu Western Australia werden die Uhren nämlich zurückgestellt. Dies kam uns sehr gelegen, denn wir wollten noch ein ganzes Stück fahren.
Kurz nach Kununurra endete der Victoria Highway und wurde vom Great Northern Highway abgelöst. Wir entschieden uns gegen die ungeteerte Gibb River Road in Rücksicht auf unser Auto.
Eigentlich schade, denn diese führt quer durch die Kimberleys - wie man so sagt, der raue und ungeschliffene Diamant in der Naturwelt Australiens.
Der Great Northern Highway führte uns lediglich an den südlichen Ausläufern der Kimberleys vorbei, doch auch das war schon extrem beeindruckend. Die Straße schlängelte sich durch gelbgrün bewachsene Hügel, auf und ab, nach rechts und nach links. Außerdem erinnerte sie nicht mehr an einen Highway, sondern eher an eine zweitklassige Landstraße - gerade genug Platz damit zwei Autos aneinander vorbei passen.
Aber wie fast überall in den abgelegeneren Gegenden von Australien trifft man nur selten ein anderes Fahrzeug. Und wenn, dann ist es meistens ein Roadtrain, die über 50 Meter lang werden können. Trifft man auf ein solches Ungeheuer ist man gut beraten so viel Abstand wie möglich zwischen sich und diese riesigen Lawine aus Stahl und Blech zu bringen.
Es wurde Abend - die Sonne versteckte sich hinter den unzähligen Hügeln langsam am Horizont und tauchte die Landschaft in ein warmes Licht das alle Farben besonders intensiv leuchten lies.
Dann war die Sonne komplett verschwunden. Mit dem letzten noch vorhandenen Licht konnte man sehen wie sich Nebel langsam in den Tälern zwischen den Bäumen sammelte, bis nurnoch ihre Spitzen herausschauten. Ein gespenstischer, aber auch unglaublich schöner Anblick wie diese weißgraue Wand langsam über den Boden kroch, bevor die Nacht alles in komplette Dunkelheit hüllte.
In Halls Creek machten wir noch einen letzten Tankstopp. Kurz nach diesem Ort endete auch der Tanami Track, den wir eigentlich geplant hatten zu fahren. Aufgrund des Zustandes unseres Autos hatten wir diese Idee allerdings wieder aufgegeben.
Kurz vor Fitzroy Crossing schlugen wir dann ein paar Meter abseits der Straße unser Zelt auf.
Wir hatten noch 400 km zu fahren und deshalb brachen wir am nächsten Morgen früh unsere Zelte ab. Die Ausläufer der Kimberleys waren mit der vergangenen Nacht verschwunden und der Highway folgte dem gleichen Schema wie sonst auch immer: Schnurgeradeaus ohne nennenswerten Ausblick.